Geselligkeit, Unterdrückung, Bestätigung und Ermutigung.
Wenn Du diese Worte nebeneinander stehen siehst, welches „springt“ Dich zuerst an und welche Reaktion spürst Du? Was sind speziell zu diesem Wort und in Deiner gewählten Reihenfolge zu den anderen Worten Deine Assoziationen?
Wenn Du magst, nimm Dir dafür kurz Zeit, mach Dir vielleicht sogar ein paar Notizen, bevor Du weiterliest.
Schau Dir auch gern das Video zur Monatsziehung an, mit meinen ersten spontanen Impulsen zu der jeweiligen Karte für die 4 Wochen im September:
Für mich ist es das Wort Unterdrückung, das heraussticht.
Nicht gerade das gefällig, „geselligste“ und ermutigendste Wort, oder?
Auch nicht gerade das Wort, das sich für „small talk“ eignet. So nach dem Motto „Und du so, was unterdrückst du gerade so?“
Das ist dann die (indirekte) Frage im Coachingrahmen, deren Antworten und Reaktionen sich – wenn sie denn endlich dürfen – Bahn brechen. Manchmal erst verhalten, manchmal sofort mit voller Wucht. Manchmal mit dem schweren Gepäck von Jahrzehnten, manchmal mit verstelltem Blick auf die Zukunft.
Und immer mit der Auflösung von unglaublich viel Anstrengung und einem neuen, leichteren Bezug zur Gegenwart. Mit der Befreiung für den nächsten Schritt.
Wenn ich auf Unterdrückung schaue, dann meine ich im Moment nicht die Impulskontrolle, sondern das unbewusste und bewusste Zurückhalten von Gedanken, Ideen, Meinungen, Gefühlen, Neigungen, Bedürfnissen, Wünschen und vor allem von Emotionen, weil sie nicht gewünscht, gewollt, akzeptiert, verstanden werden, Unbehagen für einen selbst und/ oder andere auslösen und es sich damit nicht sicher anfühlt, sie zu denken, zu fühlen, zu äußern.
Die Gründe sind verschieden. Die Auswirkungen weitreichend.
Die Lösung einfach. Doch nicht für jeden gleich leicht.
Wenn wir als Kinder erfahren, dass wir in dem, wie und was wir denken und fühlen, nicht „richtig“ sind, dann glauben wir das den Menschen, die uns eines Besseren belehren wollen. Das ist unsere Referenz. Und entsprechend passen wir unser Re-agieren mit der Umwelt an.
Dann muss ja die Tante nett sein/ müssen wir nett zu der Tante sein, auch wenn wir sie schrecklich finden. Dann ist ja wohl unsere Einschätzung nicht richtig. Wenn wir geschlagen werden, dann muss ja mit uns etwas nicht stimmen, sonst würde er/ sie das ja nicht tun, dann verschweigen wir es, aus Angst vor erneuten Schlägen oder weil uns andere Menschen nicht glauben.
Es ist ungehörig, zu sagen, dass etwas nicht schmeckt?
Es ist ungehörig, zu sagen, jemand stinkt?
Es ist ungehörig, nein zu sagen?
Schließlich ist es ja nicht soooo schlimm?!
Oder?
Ab wann spalten wir uns von unserer inneren Wahrheit ab und glauben/ verhalten uns nur noch den Botschaften von außen entsprechend, damit wir dazugehören, gemocht werden, nicht bestraft werden usw.? Wieviel Leid, Kampf, Verletzung erleben wir, wenn wir uns treu bleiben wollen, entgegen der gängigen Meinung oder sogar entgegen der Menschen, denen wir vertrauen (wollen), die wir lieben?
Wieviel Leid und Verletzung erleben wir, wenn wir uns nicht treu bleiben, weil wir dann nicht für uns einstehen (können), obwohl wir ganz tief drinnen wissen, dass wir uns gerade selbst verraten und/ oder uns Unrecht geschieht?
Auch wenn ich hier ein extremes Bild zeichne (das mir leider so immer wieder begegnet), die Angst vor Ablehnung und vor Konflikten, die Angst vor Verletzlichkeit, Furcht vor Bestrafung, mangelnde Unterstützung, soziale Normen und Erwartungen, kulturelle Faktoren, vergangene Traumata, Selbstzweifel und geringes Selbstwertgefühl, Perfektionismus, Rollenerwartungen, Gewohnheit, Angst vor Veränderung und vieles mehr sind Gründe in unterschiedlichen Ausprägungen, weshalb wir unsere innere Stimme klein halten oder auf stumm schalten. Als eine verständliche und bis zu einem bestimmten Punkt auch sinnvolle Strategie zum Selbstschutz des Systems.
Doch ab wann wird der Selbstschutz, die Unterdrückung der wahren Empfindungen, Gedanken und Bedürfnisse zur Selbstverletzung?
Welchen Preis zahlen wir, wenn wir unsere innere Wahrheit verstecken?
Was passiert dann?
Wenn wir z.B. nur noch vom Verstand her arbeiten und unsere Herzensintelligenz nicht mit einbeziehen? Wenn wir den „sicheren“ Job wählen anstatt den, der unser Herz zum klingen bringt?
Wenn wir bei den Urlaubswünschen zurück stecken? Wenn wir als „guter“ Mensch (Mutter, Vater, Kind, Familien-, Gruppen-, Team-, Gesellschaftsmitglied…) unsere Gedanken, Gefühle, Bedürfnisse verschweigen? Und uns schrecklich wundern, warum niemand weiß, was wir wirklich wollen, obwohl sie es doch wissen müssten? Und dann wütend, traurig werden, weil wir nicht gesehen werden und vielleicht noch mehr in den inneren Rückzug/ die innere Kündigung gehen?
Wenn die fehlende Fähigkeit und (Selbst-)Erlaubnis, Nein zu sagen, obwohl wir Nein fühlen, uns in psychische und physische Gefahr bringt?
Wenn Kopf (Verstand) und Herz (Seele) und Körper als voneinander getrennte Teile unseres Selbst empfunden werden und wir (unbewusst) gegen uns handeln?
Dann müssen wir oft als Erwachsene erst wieder mit Mühe lernen, Grenzen zu setzen, Ja zu uns zu sagen, uns als Einheit zu empfinden. Dann bekommt Selbstschutz eine ganz andere Bedeutung.
Wahrscheinlich kannst Du auch sofort einige Beispiele für negativen Auswirkungen aufzählen, die die Unterdrückung von Emotionen, Neigungen, Bedürfnisse, Wünsche etc. hat.
Für mich gehören dazu:
- Psychischer Stress durch die ständige innere Anspannung und die inneren Konflikte, die sogar in Angstzustände, Depressionen und andere psychische Gesundheitsprobleme münden können,
- Beziehungsprobleme durch Konflikte und Missverständnisse, die zur Entfremdung führen können oder authentische Beziehungen gar nicht erst möglich machen (Einsamkeit)
- eingeschränkte Selbstentfaltung in Privat- und Berufsleben, da das volle Potenzial nicht ausgeschöpft werden kann, wenn Kreativität und Ideen keinen Ausdruck finden können,
- gesundheitliche Probleme wie u.a. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Magen-Darm-Probleme, unausbalancierter Hormonhaushalt in gegenseitiger Bedingung mit dem psychischen Stress.
Vieles von dem, was wir zurückhalten, ist uns oft gar nicht (mehr) bewusst. Versteckt in den Erinnerungen, mit einer Portion Frustration und Resignation und schlicht in den Gedanken- und Handlungsmustern, die wir uns aus gutem Grund angeeignet haben. Die Wut von gestern sitzt in dem Knoten im Bauch, die Enttäuschung von vorgestern in der Brust, der Mut noch irgendwo in den Händen. Oder wo sich auch immer die Emotionen im Körper zeigen, die Gedanken noch festsitzen und sich eben durch die obengenannten Auswirkungen bemerkbar machen.
Doch, was tun?
Was, wenn ich im „Unterdruck“ bin, wenn ich merke, da ist so viel (mehr), was in mir ist, das raus möchte? Wenn ich keine andere Strategie habe? Wenn ich Angst habe, ich explodiere oder doch alles wieder verpufft? Wenn ich glaube, es ist zu spät, jetzt doch noch meine Wünsche zu äußern, meine „Herzenskarriere“ zu finden, weil ich sie schon zu lange unterdrückt habe?
Der Versuch der inneren Kontrolle, der Unterdrückung von Gedanken und Gefühlen kostet so unfassbar viel Energie (und Zeit) und ist so entgegen dem, wie wir als Menschen mit unserer unfassbaren Kreativität, Herz- und Hirnintelligenz gebaut sind und wie wir Gedanken und Gefühle sehen und nutzen können.
Es ist ganz normal, die verschiedensten Muster zu haben und viele sind auch sehr, sehr hilfreich. Es liegt jeweils in und an uns, zu entscheiden, welche davon uns dienlich sind und welche wir verändern möchten. Muster entstehen, wenn wir die gleichen Gedanken immer und immer wieder denken und uns dementsprechend verhalten. Aus welchem Grund auch immer.
Neue Muster können entstehen, wenn wir den inneren Raum aufmachen für neue Gedanken.
Das heißt, die Gedanken ziehen lassen, die uns nicht gut tun, die Gedanken nutzen, die uns gut tun.
Wie wir das unterscheiden können?
Das fühlen wir.
Es ist das Gefühl von Aufatmen, von Entspannung, von Ankommen, von Vertrauen, Mut und Kreativität, von innerer Klarheit und Ruhe, von gegenwärtig Sein, von Weite und Verbundenheit. Von richtig und gewollt sein. In sich selbst. Ein Gefühl von Ja zu dem was ist.
Ich bin mir sicher, Du hast ebenfalls zig Beispiele dafür, wie es sich anfühlt, wenn Du Deiner innerer Stimme, Deinem Herzen gefolgt bist, trotz der gegenteiligen Meinungen im Außen oder all den rationalen Gründen für oder wider. Und? Geht es Dir auch so, dass Du sagen kannst, dass sich diese Entscheidungen immer als die richtigen herausgestellt haben?
Doch wie gelingt es, die eigenen Wünsche und Bedürfnisse auf der emotionalen, mentalen und körperlichen Ebene nicht mehr zu unterdrücken und dem eigenen Herzen zu folgen?
Mit ehrlicher Selbstreflexion, der Bewusstwerdung der Muster, der Entscheidung für Veränderung, der Großzügigkeit mit sich selbst, achtsamer Selbstwahrnehmung ohne Bewertung oder Verurteilung, Akzeptanz dessen, was war und ist, Achtung vor dem bisher Geleisteten, einer gewissen Portion Kompromisslosigkeit, Wissen um und Verständnis für die Funktionen und Botschaften von Emotionen und Selbstliebe.
Mit dem aktiven Austausch über die eigener Gedanken und Gefühle in sicheren Umgebungen, mit Vertrauten und/ oder auch in der Unterstützung durch Therapeuten, Psychologen oder Coaches.
Mit der Erkenntnis, dass wir selbst diejenigen sind, die für uns verantwortlich sind. Für unser „Innenleben“, für unseren Herzraum, für unser Leben.
Als Erwachsene sind wir alt und weise genug, zu wissen, dass unsere eigene Bewertung, unsere Einschätzung von jemanden oder etwas als Bedrohung oder Belohnung, unser „Innenleben“ beeinflusst.
Es liegt an uns, das ist die gute und die schlechte Nachricht. 😉
Und: Wir müssen nicht alles glauben, was wir denken. Wir können, aber müssen mit diesen Gedanken, die in unserem Kopf umherschwirren nichts tun. Wir müssen sie weder weiterdenken noch reframen, d.h. einen positiven Gedanken verwandeln.
Wir können Gedanken ziehen lassen und Altes nicht weiter verstärken. Wir müssen sie nicht unterdrücken.
Wir können Gedanken behalten und mit ihnen Neues erschaffen. Wir müssen sie nicht unterdrücken.
Wir können Emotionen als Informationen und Bodyguards nutzen. Wir müssen sie nicht unterdrücken.
Dazu möchte ich Dich ermutigen.
Stück für Stück.
Schritt für Schritt.
Vielleicht hin zu etwas, das Du Dir bisher nicht erlaubt hast.
Was wäre das?
Ich würde mich freuen, wenn Du mir davon erzählst. Auch, wenn Du Dir auf diesem Weg Begleitung wünschst!
Herzliche Grüße und bis dahin
Gisela
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