Enttäuschung über Enttäuschung?

Hier ist das Video der Monatsziehung vom 01. Mail 2023 auch mit den anderen Karten 🙂 

Wie geht es Dir?

Was hast Du spontan gedacht, als Du gesehen hast, dass das 1. Wort, das ich für den Mai gezogen habe, „Enttäuschung“ heißt?

Warst Du enttäuscht?
So etwas sollte doch nicht vorkommen? Es sollte doch lieber luftig, leicht und aufmunternd sein?
Und dann kommt „so was“?

Was ist „das“ eigentlich?

Oft sprechen wir ja davon, dass Enttäuschung so verstanden werden sollte, dass wir dann ent-täuscht sind, also nicht mehr einer Täuschung unterliegen, also quasi froh sein sollten, dass das passiert ist, was wir so nicht wollten, weil wir dadurch etwas Verborgenes, möglicherweise „schädliches“ aufgedeckt haben.

Doch ist es das, was Enttäuschung wirklich ist?

Jein.

Mein Verhältnis zur Enttäuschung an sich hat sich in den vergangenen Monaten gewandelt.
Mehr und mehr sehe ich sie als eine Emotion, die ich im Körper spüre, also ein Gefühl, das sich aus dem Denken ergibt, das ich in einer speziellen Situation habe – bezogen auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Ein Gemisch aus Trauer, Unzufriedenheit, Groll und Widerstand in Bezug zu dem, was gerade ist und das nicht so ist, wie ich es mir vorgestellt, erhofft oder geplant hatte.

Enttäuschung zu fühlen ist nicht schön.
Wenn es Dir so geht wie mir, dann hast Du schon tausende Enttäuschungen erlebt. Bist Du dadurch stärker geworden? Resilienter? Nach dem Leitspruch „Was Dich nicht umbringt, macht Dich stärker“? Oder nur besser im Vermeiden oder dem Unterdrücken dieser Emotion?

Was wäre, wenn die Emotion schlicht eine Information darüber ist, dass/ was/ wie Du gerade denkst?
Ein Hinweis darauf, wie Du etwas beurteilst, welche Bedeutung Du einer bestimmten Situation beimisst? Und es nicht die Situation selbst ist, die dieses Gefühl in Dir auslöst?

Mir geht es nicht darum zu sagen, dass wir keine Enttäuschung fühlen sollten oder würden, wenn wir das „richtige“ Mindset hätten. Ganz und gar nicht. Mir geht es darum, die Ladung zu entschärfen.
Enttäuschungen gehören dazu. Und wenn wir mittendrin sind, fühlt es sich ganz scheußlich an. Und gleichzeitig vergehen Emotionen so schnell wie sie gekommen sind, sobald ein neuer Gedanke auftaucht, ein Gedanke der wirklich anders ist. Und nein, das ist kein Aufruf zum „positiven Denken“ im Sinne „ist ja nicht so schlimm, wird schon wieder, sei froh, dass Dir das passiert ist“. Das wäre eine Negierung der Emotion, ein Unterdrücken, wodurch die Emotion/ die Enttäuschung eher im Untergrund gespeichert wird. Möglichst noch als etwas, das nicht sein darf. Und Dich irgendwann kalt erwischt.

Ist Dir schon mal aufgefallen, dass wir inmitten des größten emotionalen Schmerzes auch lachen können? Und wir uns wundern, dass das überhaupt geht? Und uns fast noch dafür schämen, weil wir doch trauern, im Leid bleiben müssten während wir z.B. auf einer Beerdigung plötzlich etwas als urkomisch empfinden?
Das kommt einfach durch einen Gedanken, der unser Erleben plötzlich verändern kann und damit unser Gefühlsleben. Sobald wir zu den vorhergehenden Gedanken zurückkehren, sind kehren wir zur Trauer/ zur entsprechenden Emotion zurück, wenn auch nicht zu 100% identisch, da wir ja gerade eine neue Erfahrung gemacht haben.

Was wäre, wenn wir Emotionen – in dem Falle die Enttäuschung – fühlen würden, ohne sie zu bewerten, ohne damit etwas machen zu müssen? Das hieße, in der Emotion zu sein und nicht zu versuchen sie zu kontrollieren, sie nicht durch weitere Gedanken zu befeuern oder abzuschwächen. Hast Du schon mal beobachtet, was passiert, wenn Du eine Emotion z.B. Enttäuschung einfach nur beobachtest, wahrnimmst, Dich ein bisschen hineinlehnst, ohne Dich im Sumpf zu wälzen?
Ohne sie zu analysieren, in eine Schublade zu stecken, sie erklären oder im schlimmsten Fall rechtfertigen zu wollen oder zu müssen?

Emotionen, die „neutral“ betrachtet und gefühlt werden, verändern sich, während wir sie beobachten.
Beobachten heißt, hinzuschauen und hinzufühlen: was spüre ich genau? Wo in meinem Körper spüre ich diese Emotion, wie äußert sie sich? Spüre ich sie zuerst im Bauch/ Herz/ in den Schultern? Spüre ich einen Druck, ein Ziehen, einen Schmerz, ein Kribbeln, ein Strahlen? Wo spüre ich die Ausläufer? Ist es eher ein kaltes Gefühl, warm, spitz, rau, weich?

Es gibt einen Satz, den ich sehr mag und der mir hilft, die verschiedensten Emotionen neutraler zu betrachten, sie nicht zu dämonisieren, zu favorisieren oder in positiv und negativ einzuordnen: „there is no solution to a feeling“ – „Es gibt keine Lösung für ein Gefühl“. Ein Gefühl muss nicht therapiert werden.
Es ist ganz natürlich, Emotionen zu spüren. So sind wir als Menschen gemacht.
Wir denken und wir fühlen.
Wenn wir die Emotionen, die als Signalgeber fungieren und uns mittels unseres Körpers Informationen geben, tatsächlich als Freunde sehen können, bringen sie uns ziemlich schnell auf die Spur, in welcher Gedankenschleife wir gerade hängen und ob wir das, was jetzt gerade ist, annehmen können oder uns im Widerstand dazu befinden.

Es ist simpel.
Widerstand gegen das, was jetzt gerade ist, fühlt sich unangenehm an.
Annehmen dessen, was jetzt gerade ist, fühlt sich angenehm an.

Es ist nicht falsch, Enttäuschung zu spüren. Es ist ein Zeichen dafür, wie ich etwas/ jemanden einschätze, bewerte, welchen Wert etwas/jemand für mich hat. Und In welchem Ausmaß, in welcher Qualität und mit welchem Ergebnis ich das auf mich beziehe, auf meinen Selbstwert, auf mein Selbstverständnis, meine Fähigkeiten, Kompetenzen etc.

„Gefährlich“ wird‘s, wenn wir uns vor unangenehmen Gefühlen fürchten und aus diesem Grunde bestimmte Erfahrungen vermeiden. Wenn wir eine Bewerbung nicht schreiben, aus Angst, abgelehnt zu werden und dann Enttäuschung spüren zu müssen, verschenken wir Chancen und Möglichkeiten. Oft haben wir nicht Angst vor der eigentlichen Erfahrung, sondern vor den Gefühlen, die wir schon antizipieren, obwohl die Zukunft, die wir uns da ausmalen, nie kommen wird. Dadurch lehnen wir uns selbst ab und verwehren uns ein tieferes Erleben.
Wir sind nicht „kaputt“, wenn wir Trauer, Ärger, Wut, Neid, Ekel, Verachtung spüren. Es ist nur nicht hilfreich, sie in die Gegenwart zu holen und wieder „aufzuwärmen“, wenn sie in die Vergangenheit gehören oder sie in eine Zukunft zu projizieren, die so nicht kommen wird und sich damit jeweils das Hier und Jetzt zu verhageln.

Und ich nehme mich da keinesfalls aus! Ich bin großartig darin, mir „wenn-dann- oder hätte-wäre-wenn-Szenarien“ auszumalen – hilfreich sind allerdings eher die, die mich dazu inspirieren, den nächsten Schritt zu gehen, hin zu und nicht weg von.

Doch wie komme ich aus Gedankenspiralen raus, die mir die Kraft ziehen? Wenn das Gedankenkarussell nicht stoppen will und ich immer weiter in das Loch rutsche und alles nur noch schlimmer wird?

Als ich vor einigen Wochen richtig heftig drin steckte (in Hilflosigkeit, Verlorensein und höchster Verunsicherung), fiel mir nur ein, beruhigende Musik zu hören. Und mich auf die einzelnen Instrumente, Töne, Melodien und auch Pausen zu konzentrieren. Nach und nach glätteten sich die inneren Wogen und ich konnte plötzlich diese Tiefe und Weite spüren, die ich mit eigener Gedankenkraft nie erreicht hätte. „Einfach“ weil ich aufgehört habe, zu denken.

Es sind die Pausen zwischen den persönlichen „intellektuellen“ Gedanken, die die Verbindung zu der eigenen inneren Tiefe und zu der Herzintelligenz wieder ermöglichen. Wenn der Lärm im Kopf Platz macht für die Weisheit, die größer ist als ich.

Dann ist keine Analyse notwendig. Kein Warum.

Dann werden Emotionen zu Schaumkronen auf den Wellen, die durch den inneren Wirbelsturm aufgepeitscht sind, während sowohl hinter den Wolken als auch tief in der See tiefe Ruhe und Frieden ist.
Vielleicht kennst Du das auch.
Dieses tiefe und beständige Gefühl von Wohl-Sein, das mit Worten schwer zu beschreiben ist, unter all dem Wirrwarr im Kopf immer da ist und nicht mit den Emotionswellen zu vergleichen ist.

Für mich ist diese innere Ruhe, das Gefühl von einer schmunzelnden Zufriedenheit Ausgangspunkt und Ziel zugleich. Dafür muss ich nichts tun, keine Selbstoptimierungsworkshops besuchen, meine Gedanken nicht manipulieren oder mich im richtigen Mindset üben.
Im Gegenteil, ich kann und darf Pause machen. Aufhören, mich im Kreis zu drehen.
Wissend, dass sich die See – die Emotionen – von allein beruhigen, wenn ich sie lasse, dass sie dazu gehören und ich sie nicht fürchten muss.
Und dann bin ich in der Verbindung von Kopf, Herz und Seele.

Enttäuschung ist völlig ok. Sie ist ein wichtiger Indikator. Ein Signal mal die eigenen Gedankenmuster zu checken und sich eher auf die innere Tiefe und Freiheit zu richten.

Das Wort „Enttäuschung“ ist für die 1. Woche im Mai für Dich die Einladung zu schauen, in welchen Situationen Du Enttäuschung vermeiden möchtest und Dich dadurch zurückhältst oder Du auch Freundschaft schließen kannst mit dieser Welle und Raum schaffen kannst für mehr Tiefe und Umarmen was ist.

Damit wünsche ich Dir einen wunderbaren Start in die „kurze“ Arbeitswoche und freue mich auf Deine Rückmeldung, wie es Dir mit Enttäuschungen geht.
Wenn Du Unterstützung brauchst, einen neuen Umgang mit unangenehmen Emotionen zu finden, melde Dich gern. Ich unterstütze Dich gern, damit Du den nächsten Schritt gehen kannst.

 

Wenn es für Dich in Bezug zu einem der Themen und darüber hinaus Rede- und/ oder Coachingbedarf geben, schick mir gern eine Nachricht oder buche Dir hier Deinen kostenfreien 30-Minuten-Termin:
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